Die Sankt Sebastianus Schützenbruderschaft wurde im Jahre 1623 gegründet. Wie fast alle Bruderschaften dieser Zeit dienten sie zum Schutz des jeweiligen Ortes, wo sie beheimatet waren. Während des 30-jährigen Krieges wurden diese Aufgaben jedoch mehr und mehr von bezahlten Söldnern übernommen. Damit die Schützen ihre Tätigkeit nicht aufgeben mussten, gingen sie dazu über, Feste mit Schießübungen und Wettbewerben zu veranstalten. Das Schützenfest war geboren.
Im Laufe der weiteren Entwicklung des Bruderschaftswesens mussten erhebliche Schwierigkeiten überwunden werden. Besonders im Zusammenhang mit den gesellschaftlichen und politischen Umbrüchen des späten 18. Jahrhunderts. Viele der im Mittelalter gegründeten Vereine lösten sich auf. Andere Landesherren hingegen retteten ihre Schützenbruderschaften dadurch, dass sie versuchten, mit Verordnungen und Erlassen die Ordnung der Bruderschaften wiederherzustellen. Viele sahen mittlerweile ihre alleinige Aufgabe darin, Schießwettkämpfe und Feste zu veranstalten. Es bedurfte erheblicher Anstrengungen, die Schützenbruderschaften wieder an ihre originären Aufgaben heranzuführen.
Eine besonders schwierige Zeit hatten die Schützenbruderschaften unter Napoleon I. zu bewältigen. Viele verloren ihr Vereinsvermögen und ihre Tätigkeiten wurden ihnen untersagt. Erst nach dem Wiener Kongress im Jahre 1815 erlebten die Schützenbruderschaften eine Renaissance. Das Rheinland wurde durch die Gebietsänderungen dem preußischen Reich zugeordnet und eine Entfaltung des Bruderschaftswesens wurde von der preußischen Regierung nicht als störend empfunden.
Das 20. Jahrhundert brachte für das Bruderschaftswesen noch einmal harte Bewährungsproben und Überlebenskämpfe, als zum Ausbruch der beiden Weltkriege keine öffentlichen Veranstaltungen mehr abgehalten werden durften. Nach den Kriegsenden wurde sogar von den Siegermächten die Ausübung des Schützenwesens vorübergehend untersagt, da diese zunächst in den Bruderschaften paramilitärische Vereinigungen in den Reihen der Besiegten sahen. Erst durch den Einsatz und die Überzeugungskraft vieler dem Schützenwesen Verbundener konnte nach Ende des Zweiten Weltkrieges der Bruderschaftsgedanke weiter gepflegt werden.
Die Schützenordnung für Bödexen aus dem Jahr 1623:
Schützenordnung für Bödexen von 1623
Demnach eine geraume Zeit her in dem Dorfe Bödexen sowohl bei den sämtlichen Einwohnern als auch bei den Schützen eine große Unordnung eingerissen, daher denn allerlei Untaten, Widerwillen, Ungehorsam und andere höchst strafbare Leichtfertigkeiten als Fluchen, Schwören, Gotteslästerungen, unnütze Gezänke, Schelten und Schmähen entstanden und fast bei Jung und Alt die Oberhand genommen. All diesem aber in etwa bei Zeiten zu begegnen und vorzukommen, haben bei dem Hochwürdigen, in Gott Herrn, Herrn Johann Christoph (von Brambach), erwählten Administrator, dann nicht weniger bei einem hochwürdigen Kapitel des kaiserlichen freien Stifts Corvey, als unsere respektive gnädige Landes- und großgebietenden Herrn, Wir Baumeister und Vorsteher der Dorfschaft Bödexen in Untertänigkeit angehalten, Ihrer Gnaden und Ehrwürden glauben wollten zur Verhütung vorberührter und allerhand Untaten, dadurch sowohl Gott der Allmächtige zum Höchsten beleidigt und erzürnt, als auch die Menschen und sonderlich die Jugend in große Ärgernis geführt wird, eine beständige Ordnung aufzurichten, danach sich sowohl Jung und Alt zu regulieren und zu verhalten, die Übertreter aber anderen zum abscheulichen Exempel und zur Verbesserung, auch wieder zur Einführung allerhand guter Sitten und ehrbaren Wandels, mit gebührenden Strafen belegt und hergenommen werden möchten, worinnen dann hochbesagter unser gnädiger Landesherr nebst einen Hochwürdigen Kapitel uns gnädige und großgünstige Willfahrung zu bezeigen verwilligt, auch alsbald nebst folgende Artikel und Posten zu Papier bringen und aufsetzen lassen, gestalt dieselbe bei den Jungen und Alten vorgelesen, denen fleißig stattgeben und so viel Menschen möglich nachzusetzen, und sich vor Strafe und Schaden zu verhüten, wovor dann gegen Ihro Gnaden und Ehrwürden wir uns in Untertänigkeit höchlichst zu bedanken, demselben von Gott lange gefristete Gesundheit, glückliche Regierung nebst zeitlichem und ewigen Gedeihen wünschen.
- Erstlich und anfänglich sollen die von Bödexen bei erster Gelegenheit um einen Schützenmeister schießen und welchem Gott das Glück gibt, er habe großes oder geringes Vermögen, denselben dafür erkennen und halten, auch ihm gebührlichen Respekt und Gehorsam leisten; so aber einer oder mehrere dawider handeln werden, soll dem Schützenmeister nach Gestalt und Beschaffenheit der Verwirkung auf vorgehendes Verhör strafbar verfallen sein und sotane Strafe denselben insgesamt zum Besten erlegt werden.
- Der künftige Schützenmeister soll schuldig sein, der Dorfschaft nach Wahl und Wert des Kleinods einen Bürgen und stellen und zu verordnen, oder an dessen statt ein unbestrafliches Unterpfand zu verschreiben; und soll der Schützenmeister solches Kleinod auf alle vier Hochzeitenfeste, sodann in ehrlichen Gesellschaften und Zusammenkünften binnen und nicht außerhalb des Landes tragen; würde er aber hiergegen handeln, soll er den Schützen mit einem Gulden verfallen sein.
- Item soll der Schützenmeister, nachdem das Glück auf ihn gefallen sein wird, der Dorfschaft ein Faß Bier, zwanzig Pfund Käse und einem jeden Schützen ein Weißbrot für 2 oder 3 Pfennig zu verehren pflichtbar sein. Hingegen soll ihm ein jeder Schützenbruder vier Mariengroschen verehren und zusteuern, und der Schützenmeister soll in Zechen und Gelagen, da vier oder mehr Schützen, jedoch nicht weniger, vorhanden, sitzen, zu Geld ganz befreit sein.
- Wann man sonst schießen will, solches soll den Schützen 14 Tage vorher angezeigt werden und soll ein jeder Schütze seine eigene Büchse haben und damit schießen. Auch soll solches ordentlich geschehen, als daß keiner schieße, er werde dann zuvor abgelesen. Täte aber einer hierwider, der soll den Schützen mit 9 Mariengroschen verfallen sein.
- Würde einer keine Büchse haben, so sein eigen, soll er zum ersten Mal in 12 und zum anderen in 24 Mariengroschen Strafe verfallen sein. Zum dritten Male aber soll er für keinen Schützenbruder mehr erkannt werden, er kaufe sich dann von neuem mit soviel Geld, als eine Büchse Wert ist.
- So auf dem Instande eine Büchse unversehens losginge, soll derselbe einen Gutegroschen Strafe geben, derjenige auch allemal soviel, dem seine Büchse auf dem Instande dreimal versagen würde, und soll auch auf solchen Fall seines Schusses verlustig sein und ein langer Strich davor gezeichnet werden.
- Es soll ein jeder Schütze sein Gewehr und Büchse in guter Bereitschaft und Wartung halten, damit, wenn er vom Schützenmeister gefordert, unsern gnädigen Herrn im Notfall zu folgen, er in aller Eile bereit und fertig sein und ihm an Kraut und Lot nichts mangeln möge. Soll aber der eine oder andere im Falle der Not damit nicht gefaßt erscheinen, derjenige soll dem Schützen mit 12 Mariengroschen Strafe verabbittlich verfallen sein.
- Wenn die Schützen zusammenkommen oder zehren und ihre Weiber bei ihnen in der Zeche sind, soll sich ein jeder Schütze, wie auch deren Weiber aller Ehrbarkeit befleißigen, aller Gotteslästerung, allen Fluchens, Schwörens, Scheltens, Schmähens und alles anderen, unnützen, leichtfertigen Geschwätzes und Wörter enthalten, keiner den anderen mit verkehrten Worten zu setzen oder lügen heißen. So oft aber sich einer hierwider verlaufen würde, soll er den Schützen 6 Mariengroschen Strafe geben; wer auch solches hört und den Schützenschaffern nicht anzeigt, soll mit gleichmäßiger Strafe belegt werden.
- Wann und so oft die Schützenzusammenkunft und Schützenzehren gehalten wird (so doch ohne vorhergehendes Ersuchen und Beurlaubung unsers gnädigen Herrn zu Corvey nicht geschehen soll) sollen alle und jede Schützen dabei erscheinen, sofern sie nicht mit Leibesschwachheiten, Herrndiensten und anderen erheblichen Ursachen davon behindert werden. Sollte aber einer oder anderer ausbleiben, sollen sie gleich zu Behuf der Zehrung den halben Teil, was ein anderer gegenwärtiger Schütze verehrt hat, ein jeder zu erlegen schuldig sein.
- Es soll auch keiner bei Strafe eines Gutegroschens vor dem andern vorüber, sondern auf die Neige trinken, es sei denn, daß ein Fremder ankomme, dem man ehrenhalber schenkt und zutrinkt.
- Wer über Vermögen und mehr, als ihm dienlich, trinkt und sich mit übermäßigem Trunke gleich einem unsinnigen Tiere oder Menschen überladet, daß ers nicht über den Süll oder aus der Zeche tragen kann, soll 12 Mariengroschen Strafe geben.
- Wer aus dem Wirtshause ohne Vorwissen der Schützenschaffern Bier oder was man trinkt, tragen wird, soll mit 12 Mariengroschen verfallen sein.
- Wer da Bier auf die Erde stürzt, mehr als einer mit dem Fuße bedecken kann, soll einen Gutegroschen Strafe geben.
- So oft sich einer im Dorf häußlich niedersetzt, soll der Kirche 1 Reichstaler und den Schützen 1 Reichstaler zu geben pflichtbar sein. So aber eine Frauensperson von außen in das Dorf befreiet oder hier hinkäme, soll ebenmäßig der Kirche 1 Reichstaler zu geben schuldig sein.
- Weil auch allerhand Klagen, Streit und Unwillen wegen des vielfältigen Schadens, so den Leuten im Felde, Höfen und Gärten jährlich begegnet, und alle Zeit zu Corvey nicht vorgebracht und bestraft werden und ein jeder sich davor zu hüten haben möge, also hat unser gnädiger Herr consentieret und verwilligt, daß diejenigen, so darüber im Felde, Höfen und Gärten betreten, dem Schützenmeister sollen angebracht werden, von demselben verzeichnet und nach befundener Beschaffenheit des verübten Schadens gestraft werden, inmaßen auch der Schützenmeister die Strafe berechnen, die eine Halbscheid den Schützen, die andere aber Herr Gnaden zu Corvey gebührlich zu entrichten schuldig sein sollen.
- Wann auch einer oder mehr in die Schützengesellschaft aufgenommen werden, sie seien auch reich oder arm, und 18 Jahre erreicht und dazu tauglich befunden, dieselben sollen gleich anderen Schützen 3 Mariengroschen erlegen und aufsetzen und mit aufwarten, einschenken und dienen, in der Schützenzusammenkunft sich gehorsamlich erzeigen wie vor alters hergebracht.
- Wenn dann auch die Gemeinheit zu Bödexen sowohl in als auch außerhalb des Dorfes ihre Hänge, Stege und Wege mit ein Hacken, Ahlefüllen zu machen von Tag zu Tag, je länger je mehr eingenommen und dadurch die Grashude und Wege der Armut und ganzer Gemeinde zum Nachteil verkleinert, deren Vieh dadurch verderben und dann kein Mißverstand diesetwegen zwischen unserm gnädigen Herrn und dem Dorf Bödexen erwachsen möge, sollen diejenigen, so hieran schuldig befunden, verzeichnet und hernach im Beisein unsers Herrn zu geordneter Besichtigung und nach Befindung gestrafet und abgeschaffet auch den Schützen wegen ihres angewandten Fleißes die Halbscheid der Strafe gegeben werden.
- Da auch hiernächst der eine oder andere bei Verziehung des Zehntens seine Länderei nicht aufrichtig benennen, sondern etliche verschweigen oder fälschlich handeln werde, soll den Schützen und unserm gnädigen Herrn mit 2 Reichstaler zur Halbscheid verfallen sein.
- Item wann die Glocke zum dritten Mal geläutet wird und die Baumeister durch ihre Diener die Dorfschaft zu Bauwerken oder andere Arbeit, der Dorfschaft zum Besten, aufbieten lassen und dann der eine oder der andere an den benannten Orten nicht zu gehöriger Zeit und gebührlicher Massen erscheinen würde, soll deren jeder auf 4 Mariengroschen gepfändet werden.
- Da auch wegen dieses Schützenbriefes jemand würde gepfändet in 14 Tagen nicht einlösen, derselbe soll doppelt gepfändet Geld geben, und da dieselbe als dann noch nicht abgelöst würden, sollen die Pfände unserm gnädigen Herrn gegen Erstattung des doppelten Pfandgeldes verfallen sein.
- Würde ein Schützenbruder einen Diebstahl an Eisen, Eggen, Pflügen, Gartengewächs als Äpfel, Birnen, Kohl, Flachs und dergleichen Sachen begehen und also von unserm gnädigen Herrn bestraft werden, soll er ebenmäßig sich bei den Schützen wieder aussöhnen und Abtrag machen und der Reiche 2 Rtlr., der Arme aber einen Rtlr. dem Schützenmeister zum Besten der Schützen erlegen und entrichtet werden.
- Wenn der Schützenmeister die Schützen will vor die Scheibe haben, sollen sie ihm folgen und Gehorsam leisten und jeder aufsetzen, was er nebst den Schützenschaffern verordnet wird.
- Letztens sollen die Schützenschaffern nebst dem Schützenmeister im Beisein Ihrer Gnaden verordner Diener alle Jahre auf St. Johannes Baptista Tag von allem eingenommenen Gelde und Brüchten gebührliche Rechnung tun.
- Weil nun dieses Abgeschriebene von unserm gnädigen Herrn und einem ehrwürdigen Kapitel ist gnädig und großgünstig bewilligt, also habe Ihro Gnaden und ehrwürdiges Kapitel wir untertänig ersucht und gebeten zu mehrer Bekräftigung diesen Schützenbrief Ihren Secret Insiegel zu beglaubigen, und wir geloben und gereden solches vermittels Eides ein dem andern aufrichtig zu halten und in die Tat allem wirklich nachzusetzen.
Actum Corvey, am Tage Johannis Baptistista
Im Jahr 1623.
L. S. P. L. S. E.
Aus Beilage zum amtlichen Kreis- und Tageblatt “Höxtersche Zeitung“ Nr. 102, 10. Jahrgang vom 30 Juni 1933
Dies sind die Original Dokumente: